Außerordentlicher Bundesparteitag in Bonn am 21.01.2018

Aktuell

Nach einer langen und spannenden Sitzungswoche im Deutschen Bundestag bin ich am Sonntagmorgen nach Bonn gefahren, um als Delegierte am Sonderparteitag der SPD teilzunehmen.

Die hitzigen Debatten für und gegen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU zeigen eine gelingende Demokratie, eine lebendige Debattenkultur und wie groß der Erneuerungswille der Partei ist. Ich bin stolz, Sozialdemokratin zu sein. Beide Seiten haben sehr starke Argumente geliefert. Am Ende haben sich 362 Delegierte (56,4%) für und 279 Delegierte (43,4%) gegen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union ausgesprochen.

Vor allem die SPD-Frauen haben mich mit ihren Reden besonders beeindruckt: Malu Dreyer mit ihrer Eröffnungsrede, die kämpferische Rede von Andrea Nahles, die ehrlichen Worte von Manuela Schwesig und die mutige Rede von Katarina Barley.

Der Vorsitzende der Jusos, Kevin Kühnert, hat mit gut durchdachten Argumenten und großer Willenskraft gezeigt, welchen ambitionierten Nachwuchs wir haben, der die Partei nicht nur erneuern, sondern auch in Zukunft gestalten will.

Die Argumente beider Seiten stellten mich vor eine schwierige Entscheidung. Eine Neuauflage der Koalition, wie wir sie in den letzten vier Jahren erlebten, darf es nicht geben. Gleichzeitig dürfen wir uns aber auch nicht unserer Verantwortung für Deutschland entziehen. Ich bin der festen Überzeugung, dass die im Sondierungspapier erreichten Verbesserungen für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen ausreichen, dennoch aber noch einige sozialdemokratische Ziele verwirklicht werden können.

Genau deswegen dürfen wir nicht vergessen, dass das Sondierungspapier nur den Rahmen darstellt, und Koalitionsverhandlungen, eben genau deswegen Verhandlungen sind. Viele Punkte sind nicht konkret ausformuliert und enthalten durchaus noch Spielraum. Erst wenn diese Punkte konkretisiert sind, handelt es sich um einen fertigen Koalitionsvertrag, in welchem sämtliche Spielregeln festgelegt werden.

Ich möchte kurz noch einmal meine Gründe erläutern, weswegen ich mich für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entschieden habe:

  • Rückkehr zu paritätischen Krankenversicherungsbeiträgen
  • stufenweise Abschaffung des Solidaritätsbeitrages, zunächst für kleine und mittlere Einkommen
  • Aufhebung des Kooperationsverbotes, damit beispielsweise Schulen direkt aus Bundesmitteln besser ausgestattet werden können sowohl technisch (z. B. moderne Computer und Software als Lernmittel, aber auch personell mit mehr Fachkräften Lehrkräfte und Sozialpädagogen an Grund – und Hauptschulen)
  • Solidarrente

Der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands kommt nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen eine andere Rolle zu, als welche, die wir gerne nach der Wahl angenommen hätten. Die Vorbehalte gegen eine erneute Große Koalition sind groß und auch berechtigt.

Dennoch geht es um die Menschen in unserem Land, welche nicht darauf warten können, bis die demokratischen Parteien ihre innerparteilichen Widerstände und Diskussionen beendet haben. Sie benötigen heute eine stabile Regierung, die sich um ihre Wünsche und Belange kümmert und die Probleme der Gesellschaft anpackt.

Einer dieser Probleme ist immer noch die Ungleichbehandlung in der Krankenversicherung. Auch wenn mit den Unionsparteien die Einführung einer Bürgerversicherung nicht möglich war, besteht dennoch in der SPD der Wille, die Zwei-Klassen-Medizin zu beenden. Hierfür sind Verbesserungen nötig und auch möglich. Dazu gehört für mich auch die Überlegung ob und wie man nicht doch noch zu einer Neuordnung in der Krankenversicherung kommen kann.

Unserer Verantwortung als Sozialdemokraten werden wir nur dann gerecht, wenn wir über alle diese Fragen mit der Union verhandelt haben.

Hierfür hat der Parteitag der Parteiführung drei Nachbesserungen mitgegeben

  1. Härtefallregelung beim Familiennachzug
  2. Abschaffung der sachgrundlosen Befristung
  3. Abschaffung der Zwei-Klassen-Medizin

Die Führung um Martin Schulz und Andrea Nahles haben zugesichert, hart und konsequent zu verhandeln. Und davon bin ich auch überzeugt.

Sobald dann der fertige Koalitionsvertrag vorliegt, müssen die Vor-und Nachteile abgewogen und eine Entscheidung aller SPD-Mitglieder, die im Sinne der Sozialdemokratie und zum Wohle der Menschen ist, getroffen werden.

Bis dahin werden wir gemeinsam diesen Prozess begleiten und vor allem will ich euch regelmäßig und detailliert informieren.

Falls Fragen offen bleiben, beantworte ich auch diese gerne vor Ort.